Studie zur Fehlerkultur

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Gute Fehler, schlechte Fehler – Was die Deutschen von unternehmerischem Scheitern halten

Prof. Dr. Andreas Kuckertz von der Universität Hohenheim, Leiter des Fachgebiets  Unternehmensgründungen und Unternehmertum, hat zusammen mit Christoph Mandl und Martin P. Allmendinger die Studie „Gute Fehler, schlechte Fehler“ veröffentlicht, eine repräsentative Befragung  zur Einstellung der deutschen Bevölkerung gegenüber unternehmerischem Scheitern. Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass die Toleranz der Deutschen gegenüber unternehmerischem Scheitern nicht sehr hoch ist.

Bei allgemeinen Misserfolgen sind die Deutschen ziemlich tolerant. Knapp 80 Prozent der Befragten  betrachten Misserfolge als potenzielle Quelle zur Selbstreflexion und Rückbesinnung und akzeptieren, dass Scheitern auf lange Sicht gesehen zu positiven Ergebnissen führen kann. Unternehmerisches Scheitern wird deutlich kritischer gesehen. Nur 15,5 Prozent der Befragten haben hier eine positive beziehungsweise sehr positive Grundhaltung. 11,6 Prozent haben sogar eine überwiegend negative Einstellung. Dabei sind Männer und jüngere Menschen gegenüber unternehmerischem Scheitern wesentlich toleranter als Frauen und ältere Menschen.

Zweite Chance? Ja, aber …

Mehrheitlich vertritt die deutsche Bevölkerung die Auffassung, dass gescheiterte Unternehmer eine zweite Chance verdient haben. 75 Prozent der Befragten sind tendenziell dazu bereit, einem gescheiterten Unternehmer eine zweite Chance einzuräumen. Lediglich knapp 20 Prozent sind  diesbezüglich unentschieden und nur ein kleiner Teil der Befragten hat in diesem Zusammenhang Vorbehalte. Allerdings ist das Ergebnis mit Vorsicht zu genießen. Denn bei der Frage, ob man Geschäftsbeziehungen zu einem gescheiterten Unternehmer eingehen sollte, zeigen sich starke Vorbehalte. Über 40 Prozent der Studienteilnehmer geben nämlich zu, dass sie beim Bestellen von Waren Vorbehalte gegenüber einem bereits gescheiterten Unternehmer hätten. Ebenfalls knapp 40 Prozent sind sich nicht sicher und nur ein Fünftel hat eher keine oder gar keine Vorbehalte.

Unternehmensgründung ohne Risiko?

Dem Satz „man sollte kein Unternehmen gründen, wenn das Risiko des Scheiterns besteht“ stimmten über 40 Prozent zu, 26,6 Prozent zeigten sich unentschieden. Nur knapp ein Drittel der Befragten sieht im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung das Risiko des Scheiterns als akzeptabel an.  Männer, Personen mit hohem Einkommen und Personen, die mit unternehmerischem Scheitern schon einmal in Berührung gekommen sind, halten ein Risiko eher für vertretbar ebenso wie junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren.

Unterschiede machen die Befragten auch bei der Bewertung der Gründe für unternehmerisches Scheitern. Sie sind offenbar eher dazu bereit, Gründe zu akzeptieren, die außerhalb des Einflusses des Gründers liegen. Krankheit des Gründers, eine allgemeine schlechte Wirtschaftslage oder auch wettbewerbsbedingtes Scheitern werden als akzeptable Ursachen für unternehmerisches Scheitern anerkannt.  Ursachen, die sich auf die Fähigkeiten und Kompetenzen des Gründers zurückführen lassen, werden weit weniger akzeptiert. Dazu zählen zum Beispiel Probleme bei der Kundenakquise das Finden neuer Mitarbeiter. Auch ein nicht funktionierendes Geschäftsmodell wird nur bedingt toleriert.

„In der Gesellschaft fehlt es an Verständnis für Unternehmertum“, sagt Prof. Dr. Kuckertz. „Es ist doch so: Ein Unternehmen zu gründen beinhaltet immer ein Risiko. Wer etwas Neues schafft, kann immer auf die Nase fallen. Wirtschaft und Unternehmertum werden oft kritisch gesehen, aber selten verstanden.“

Mehr Tiefe in der Diskussion gefordert

Trotzdem sehen die Studienautoren einen Lichtstreif am Horizont. Sie schreiben: „Die Ergebnisse geben trotz bestehender Probleme Anlass, positiv in die Zukunft zu blicken. Es gilt, weiterhin systematisch und umfassend an einer neuen Unternehmerkultur in Deutschland zu arbeiten, wozu wir in dieser Studie eine Reihe von Vorschlägen machen. Die Chancen für eine neue Gründerzeit und einen positiveren Umgang mit Fehlern stehen gut – diese wird insbesondere durch die junge, weltoffene, gut ausgebildete und risikoaffine Generation etabliert werden.“ Sie fordern, die Gründe für unternehmerisches Scheitern zwar immer genau zu beleuchten, zu analysieren und kritisch diskutiert zu diskutieren, aber es getrennt von der jeweiligen Person zu betrachten. Nach Meinung der Studienautoren wäre es wünschenswert, sich der Thematik weniger oberflächlich und oftmals intensiver, differenzierter und ausgeglichener zu widmen.

Die komplette Studie gibt es hier: http://www.neue-unternehmerkultur.de/

Johannes Ellenberg

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